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"Strategischer Fehler": Künstliche Intelligenz in Österreich

Von Yvonne Hofstetter

© Parlamentsdirektion/Johannes Zinner

Wien. Eine Ausstellung im Technischen Museum Wien, das unter Corona-Bedingungen geöffnet hat, zeigt bürgernah, wo künstliche Intelligenz bereits im Einsatz ist oder zur Anwendung gelangen soll. Mobility, Kreativität und Smart Home sind die drei großen Themen, die Besucher an das Thema heranführen sollen.

 

In diesem Rahmen treffen sich Experten gemeinsam mit dem österreichischen Nationalratspräsidenten, Wolfgang Sobotka, zum Thema „Künstliche Intelligenz – Gefahren für die Demokratie“ für eine Sendung des ORF III. Doch zunächst geht es in der Debatte um den Umgang mit persönlichen Daten. Sarah Spiekermann-Hoff, Professorin für Wirtschaftsinformatik an der Wirtschaftsuni Wien, plädiert nachdrücklich für eine bessere Technik. Das Internet, wie einst angedacht, habe sich nicht bewährt. Daten würden den Nutzern entrissen, statt von diesen willentlich an Unternehmen übergeben. Nutzerbedingungen mit Einwilligung zur Datenüberlassung seien „un-verträg-lich“. Spiekermann-Hoff spielt dabei auf den faktischen Untergang des Vertragsrechts an, wo eine überlegene Partei einer anderen Partei die Regeln einer Geschäftsbeziehung diktiert. Dem könne man bessere Technik, die Regulierung und Ethik bereits auf der Konzept- und Designebene berücksichtige, entgegensetzen.

 

Auf die Frage, ob es nicht zu spät sei, in Europa auf eigene Digitalisierungsangebote und Regulierung zu setzen, weist Yvonne Hofstetter, Professorin für Digitalisierung und Gesellschaft an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg darauf hin, dass insbesondere die EU mit Rechtsthemen rund um die Regulierung digitaler Angebote befasst ist. Präsident Sobotka schlägt vor, speziell die Online-Plattformen, die zwar Werbetechnologien meist amerikanischer Konzerne sind, aber die politische Willensbildung beeinflussen, stärker für ihre Inhalte verantwortlich zu machen. Dass Europa hinter den USA und inzwischen auch China hinterherhinke, sei dem Mangel an strategischem Verhalten - einem "strategischen Fehler" - geschuldet, bei dem Europa den USA nach dem Fall des Warschauer Pakts Investitionen in die Digitalisierung den Amerikanern überlassen hätten. Während Amerika den digitalen Fortschritt vorangetrieben hätte, seien europäische Gelder vorwiegend in Sozialsysteme geflossen und nicht in die technologische Souveränität, erwähnt Hofstetter mit Verweis darauf, dass sich Europa und das Silicon Valley in den Neunzigerjahren technologisch noch auf Augenhöhe gegenüberstanden. Erst Christoph Meinel, Professor für Internet-Technologies und Systems am Hasso-Plattner-Institut in Potsdam, erklärt in kurzen Worten, worum es bei der künstlichen Intelligenz im eigentlichen Sinne geht - um Daten und "lernende Maschinen".

 

Wir meinen: Der Kürze der verfügbaren Zeit ist geschuldet, dass die Diskutanten das Thema der Runde, die Auswirkungen künstlicher Intelligenz auf die Demokratie, nur streifen. Nicht weiter genannt werden Gefahren, wie sie vom Textgenerator GPT-3 und maschinell erzeugter Fake News ausgehen, für das Verständnis der Wirklichkeit durch die Bürger. Auch die Diskussion über die Sicherheit von künstlicher Intelligenz kommt zu kurz. Weil das Thema nicht abschließend behandelt ist, bleibt Raum für weitere Diskurse, die sich mit größerer Detailtreue einzelnen Fokusthemen rund um die künstliche Intelligenz widmen sollten. Doch ein Anfang ist gemacht. Bemerkenswert daran ist, dass er ausdrücklich vom Nationalrat gesetzt wird. Dessen Präsident Wolfgang Sobotka bereitet vor, sich mit der Österreichischen Akademie der Wissenschaften auf eine Technikfolgenabschätzung einzulassen und so auch den Dialog in der EU zum Thema künstliche Intelligenz nachhaltig zu prägen.

 

Ausstrahlung: Künstliche Intelligenz – Gefahren für die Demokratie, 03.03.2021, 10:00 Uhr, ORF III